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Engagiertenporträts

Matthias Junack

„Der gemeinsame Bummel holt die Seniorinnen raus“

Matthias Junack ist ehrenamtlicher Fahrer beim Einkaufsservice des Mehrgenerationenhauses Radebeul. Im Interview erzählt er, warum der wöchentliche Bummel nicht nur für einen vollen Kühlschrank, sondern auch für mehr Lebensfreude sorgt.

Ein Mann mit Brille lächelt in die Kamera.
© Privat

Wie sind Sie zu Ihrem Ehrenamt gekommen?

Als Rentner habe ich viel Zeit und bin zum Glück noch fit und gesund. Im Januar 2019 stolperte ich in der Zeitung über die Annonce „Wir suchen Fahrer*innen mit Herz für unseren Einkaufsservice“ vom Mehrgenerationenhaus Radebeul. Darauf habe ich mich direkt gemeldet und bin nun seit April 2019 Fahrer für den Einkaufsservice mit einem Kleinbus. Ich kenne das Mehrgenerationenhaus schon seit mehr als 20 Jahren, seit meine Frau dort mit unseren zwei Kindern in einer Eltern-Kind-Gruppe war. Ich freue mich, dass ich jetzt selbst Teil des Teams bin und einen Teil meiner freien Zeit sinnvoll gestalten kann.

Wie funktioniert der Einkaufsservice und warum ist er wichtig für die Menschen in Radebeul?

Das Angebot wird von einem Kundenstamm aus zurzeit ca. 25 Seniorinnen und (einigen) Senioren genutzt. Die meisten von ihnen leben allein und in Siedlungsgebieten weitab vom Schuss ohne Einkaufsmöglichkeiten. Sie fahren kein Auto mehr, sind aber fit genug, um Einkäufe erledigen zu können. Hier setzt unser Einkaufsservice an: Interessierte können sich telefonisch im Mehrgenerationenhaus anmelden und werden dann am Einkaufstag von zuhause abgeholt und zu einem Einkaufszentrum gefahren. Außerdem helfe ich als Fahrer auch beim Einkauf und trage die Taschen bei Bedarf bis in die Wohnung. Der Einkaufsservice ist aber nicht nur aus Gründen der Versorgung wichtig. Der gemeinsame „Bummel“ ist für die Seniorinnen ein fester Termin, der ihnen Kontaktmöglichkeiten und eine Struktur für die Woche gibt. Er holt sie auch von zuhause heraus, damit sie etwas anderes sehen als die eigenen vier Wände.

Was macht Ihr Ehrenamt als Fahrer für Sie besonders?

Es tut mir sehr gut, als Rentner eine Tätigkeit zu haben, bei der ich für andere da sein kann. Auch für mich ist es schön, regelmäßig rauszukommen und Unterhaltungen mit Menschen aus meiner Stadt zu führen, die ich sonst wahrscheinlich nicht kennengelernt hätte. Mich beeindruckt, wie positiv viele der Seniorinnen sind, trotz ihres Schicksals. Einige sind durch Krankheiten bewegungsmäßig eingeschränkt, viele vermissen ihre verstorbenen Partner oder andere Familienangehörige. Trotzdem sind sie gut gelaunt und gesellig. Andere Lebensrealitäten und Einstellungen zum Leben kennenzulernen – das macht meine Tätigkeit besonders und prägt mich als Mensch.

Welche Herausforderungen bringt Ihre Tätigkeit mit sich?

Es klingt banal, aber anfangs war es eine Herausforderung, einen Bus zu fahren und durch enge Gassen zu manövrieren. Mittlerweile bin ich darin sehr geübt. Ich muss die Ruhe bewahren und darf mich nicht vom Termindruck und vom Verkehr stressen lassen. Die Sicherheit aller geht immer vor. Es ist schön, andere Perspektiven kennenzulernen. Gleichzeitig kann es sehr herausfordernd sein, am persönlichen Schicksal der Seniorinnen teilzuhaben. Wenn ich sie über einen längeren Zeitraum regelmäßig bei ihren Einkäufen begleite, sehe ich auch, wie sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Es gab auch Situationen, in denen Interessierte vorrübergehend nicht mitfahren konnten. In einem solchen Fall bietet unser Zentrum an, dass ich anhand eines Zettels den Einkauf erledige. Das sind dann schwierige Momente.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich möchte den Einkaufsservice noch sehr lange als Fahrer begleiten – ein konkretes Ende ist für mich nicht in Sicht. Wenn ich aber einmal den Bus nicht mehr fahren kann, habe ich bereits einen Plan B: Dann könnte ich in eine Eins-zu-eins-Betreuung gehen und für ältere Menschen da sein, die nicht mehr mobil sind. Ich fühle mich im Team des Mehrgenerationenhauses sehr wohl und möchte meine Kolleginnen und Kollegen nicht missen. Generell wünsche ich mir, dass der Einkaufsservice noch mehr genutzt wird und dass die Arbeit mit Seniorinnen und Senioren bei mehr Menschen Begeisterung auslöst. Ich war zunächst auch skeptisch, aber jetzt kann ich sagen: Es ist eine große Bereicherung. Dass ich anderen Menschen Zufriedenheit geben kann, macht auch mich glücklich.


Zur Person

Bevor er sich ehrenamtlich engagierte, kannte Matthias Junack die soziale Arbeit nur aus den Erzählungen seiner Frau. Als ehrenamtlicher Fahrer hat er inzwischen auch viel zu berichten. Matthias Junack ist studierter Physiker und arbeitete den Großteil seines Lebens als Prozessingenieur in der Chipfertigung. Bei den Einkaufsfahrten erfährt er in den Unterhaltungen mit den Damen manches über die eigene Stadt.

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