Sara Quitter
„Ich finde es spannend, wenn ich von den Kindern etwas lerne“
Sara Quitter bietet im MGH des SOS-Kinderdorf in Berlin-Moabit Online-Seminare für Kinder an. Doch sie stoßen auch auf reges Interesse bei Erwachsenen. Im Interview erzählt sie, wie ihre Tochter sie im Lockdown 2020 zu ihrer Idee inspirierte.
Woher hatten Sie die Idee für die Online-Seminare? Und welche Themen nehmen Sie mit den Kindern durch?
Die Idee für das Projekt kam mir eigentlich durch Zufall. Meine Tochter hat sich über Zoom mit ihrer Freundin aus Cottbus unterhalten. Irgendwann fragten sie, ob ich ihnen nicht Aufgaben geben könnte. Da war ich erstmal völlig verblüfft. Aber dann begann ich, mir Sachen auszudenken. Am Anfang übersetzten die Kinder ihre englischen Lieblingssongs. Später habe ich die Themen, die ich aus meinem Freiwilligen Ökologischen Jahr von der Stiftung Zukunft Landwirtschaft kannte, in Präsentationen aufbereitet. Die Kinder wünschten sich jedoch schnell eigene Themen. Vor allem über Tiere wie Löwen oder Igel wollten sie gerne mehr erfahren. Also habe ich mein Angebot angepasst und es „Weltinare“ genannt.
Wer besucht die Weltinare und wie laufen sie ab?
Die Weltinare richten sich sowohl an Kinder als auch an Erwachsene. Viele von ihnen wohnen gar nicht in Berlin. Als die Kinder während des zweiten Lockdowns im Januar 2021 nicht mehr zur Schule konnten, hatten wir bei einem Termin 176 Teilnehmende. Das waren wirklich zu viele. Normalerweise sind es ungefähr 20 Personen. Ich glaube, es war ein bisschen ein Akt der Verzweiflung von den Eltern, die gerne wollten, dass ihre Kinder etwas lernen. Beim Ablauf ist mir wichtig, dass die Termine nicht länger als eine Stunde dauern. In der Regel gibt es eine Präsentation von 30 Minuten und am Ende ein Quiz, um das Gelernte zu überprüfen. Es ist auch immer Zeit für Feedback und damit die Kinder etwas erzählen können.
Wie schätzen Sie die Bedeutung Ihres Projekts für die Teilnehmenden ein, gerade auch während der Pandemie?
Ich hatte schon das Gefühl, dass ich während der Lockdowns eine Art Ersatz-Lehrerin für die Kinder war. Das habe ich daran gemerkt, dass sie mich gefragt haben, ob sie auf die Toilette dürfen oder ob sie gehen können, wenn das Weltinar vorbei ist. Manche haben auch direkt Frau Lehrerin zu mir gesagt. Das war dann schon sehr witzig. Die Kinder langweilten sich und wollten unbedingt etwas lernen. Sie haben sich immer gefreut, wenn ich am Ende gefragt habe, was ihnen gefallen hat und was sie noch lernen möchten. Da kamen viele tolle Ideen.
Was gibt Ihnen Ihr Engagement persönlich zurück? Gibt es ein Erlebnis, an das Sie gerne zurückdenken?
Ganz am Anfang habe ich die Heuschreckenplage in Afrika als Thema durchgenommen. Am Ende des Weltinars hat mich ein Kind gefragt, welche Augenfarbe die Heuschrecken haben. Das fand ich so lustig und musste erstmal recherchieren. Sie sind je nach Art unterschiedlich, genau wie bei den Schmetterlingen oder wie bei uns Menschen. Wir haben ja auch nicht alle die gleichen Augen. Ich finde es unheimlich spannend, wenn ich von den Kindern etwas lerne.
Wie wollen Sie das Projekt in Zukunft fortführen?
Ich würde gerne wieder mehr vor Ort machen. Es ist toll, dass wir im SOS-Kinderdorf einen Garten haben. Dort kann ich den Kindern Kräuter, Gemüsepflanzen oder Lebewesen und deren Bissspuren zeigen. Wir haben dort um einen Baum Narzissen gepflanzt und später auch andere Blumen und Stauden für die Bienen und Schmetterlinge. Außerdem habe ich eine sehr lange Liste mit den Ideen der Kinder erstellt. Ich wäre ein ganzes Jahr beschäftigt, wenn ich sie alle umsetzen würde.
Zur Person
Sara Quitter kommt seit 2012 mit ihrer Tochter ins SOS-Kinderdorf, das seit 2008 auch ein Mehrgenerationenhaus ist. Ihren Weg ins Ehrenamt fand sie, als eine Koordinatorin sie auf die selbst bemalten Pullover ihrer Tochter und deren zwei Freude ansprach. Die Koordinatorin fragte die junge Mutter, ob sie daraus ein Kreativangebot für Kinder machen wollte. Sie wollte!
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