Demokratie hautnah erleben im Mehrgenerationenhaus Burgdorf
Der Preis ist eine Wertschätzung für unsere Arbeit.“ Ursula Wieker, Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses Burgdorf ist stolz darauf, dass ihr Projekt „Demokratie zum Anfassen“ mit dem Niedersächsischen Integrationspreis 2024 ausgezeichnet wurde. Das Mehrgenerationenhaus hat einen Politikkurs geschaffen, bei dem geflüchtete Jugendliche nicht nur Deutsch lernen, sondern vor allem dazu ermutigt werden, sich gesellschaftlich und politisch einzubringen.
Grundlagen der Politik und Demokratie hautnah
Circa 200 Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte kommen regelmäßig ins Mehrgenerationenhaus Burgdorf. Ursula Wieker weiß also, was sie bewegt und worüber sie sprechen. Im Austausch wurde ihr immer wieder klar: Es braucht ein Angebot, das den Kindern und Jugendlichen Wissen über demokratische Strukturen und Abläufe vermittelt. Damit sie vollumfänglich an der Politik und der Gesellschaft teilnehmen können.
Mit dem Politikkurs hat das Mehrgenerationenhaus einen geschützten Raum geschaffen, der genau das ermöglicht: 15 geflüchtete Jugendliche aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Ruanda, Pakistan und Eritrea treffen sich alle 14 Tage, um die demokratischen Strukturen Deutschlands kennenzulernen und sich über politische Themen auszutauschen. In den ersten Monaten ging es vor allem um die Grundlagen der Demokratie, den deutschen Staatsaufbau, seine Institutionen, kulturprägende Geschichtskenntnisse und die Vermittlung fachspezifischer Deutschkenntnisse. Die Jugendlichen selbst wünschten sich, aktuelle Themen in der Gruppe noch intensiver zu besprechen und zu diskutieren. Deshalb findet darüber hinaus inzwischen zweiwöchentlich eine Diskussionsrunde über aktuelle politische Themen im Forum statt.
„Der zweite Kursbaustein besteht aus dem praktischen Erleben“, erklärt Ursula Wieker. Dazu wird die Gruppe unter anderem Gremien, die Stadtverwaltung, den Niedersächsischen Landtag und den Bundestag besuchen. „Es geht darum, dass wir Kinder und Jugendliche, die in der Schule auf einem sehr guten Weg sind, auch an dieser Stelle politisch mitnehmen“, betont die Koordinatorin. Die Teilnehmenden aus dem Kurs freuen sich auf die Exkursion auf Bundes- und auf Landesebene und darauf, dass sie einen direkten Einblick gelebte Politik und Demokratie bekommen.
Nachhaltig bewegen und wirken
Das Mehrgenerationenhaus wurde auch für das nachhaltige Gesamtkonzept „Begegnung, Beratung, Bildung“ hinter dem Politikkurs ausgezeichnet. „Wir stehen in langjährigen Beziehungen zu den Menschen. Von den Kindern, die im Kurs sind, kennen wir auch die Geschwister. Ihre Eltern kommen zu uns in die Beratung“, erklärt Wieker. „Das Wesentliche an unserem Erfolg ist, dass viele der Jugendlichen aus dem Politikkurs bei uns auch an anderen Stellen im Haus aktiv sind.“ So engagieren sich einige zum Beispiel ehrenamtlich im Nachhilfeteam. „Das ist unser nachhaltiges Prinzip“, resümiert Wieker. Neben der Urkunde gibt es bei der offiziellen Preisverleihung im September auch ein Preisgeld von 6000 Euro. Das Geld wird für den Kurs und die Arbeit mit den Jugendlichen eingesetzt, denn gerade ist die erste Kurssequenz mit den Grundlagen durch und die nächsten Jugendlichen stehen schon auf der Warteliste – die Nachfrage ist hoch.
Der Niedersächsische Integrationspreis
Mit dem Niedersächsischen Integrationspreis wurden in diesem Jahr unter dem Motto "Stärkung von Demokratie und Zusammenhalt" nachhaltige Projekte und engagierte Menschen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise durch ehren- oder hauptamtliches Engagement mit neuen Ideen für gelebte Integration, Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen. Insgesamt gab es über 130 Bewerbungen aus ganz Niedersachsen. Der Integrationspreis wurde bereits zum fünfzehnten Mal vergeben.