Gleichwertige Lebensverhältnisse – über Generationen hinweg
Die Bedürfnisse unterschiedlicher Generationen und ihr Verhältnis zueinander – darum ging es beim diesjährigen Fachtag im Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander.
Wie hängen Demografie und Demokratie zusammen? Welchen Einfluss haben die verschiedenen Krisen auf das Verhältnis von Generationen untereinander? Und inwieweit ist das Konzept der Generationengerechtigkeit für die Zukunft unserer Gesellschaft tragfähig? Diese Fragen standen am 28. und 29. Juni 2023 beim Fachtag unter dem Titel „Gleichwertige Lebensverhältnisse – Miteinander. Füreinander. Gegeneinander?“ im Mittelpunkt. Mehr als 140 Teilnehmende kamen digital zusammen, um zu den Themen Gleichwertigkeit und Zusammenhalt zu diskutieren – darunter Verantwortliche der Mehrgenerationenhäuser, kommunale Vertreterinnen und Vertreter sowie Expertinnen und Experten.
Gemeinsam handeln – für eine gute Zukunft
Nach einer Begrüßung durch Dr. Sven-Olaf Obst, Unterabteilungsleiter 31 im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), startete Prof. Dr. Berthold Vogel, Sprecher des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), die Vortragsreihe des Fachtags mit seinem Impuls „Zusammenhalt in einer verwundbaren Gesellschaft. Über gleichwertige Lebensverhältnisse als Zukunftsaufgabe“. Er stellte fest, dass sich der Ausgangspunkt gleichwertiger Lebensverhältnisse immer im Lokalen befinde und dass die Voraussetzungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt dreierlei seien: soziales Vertrauen, Zukunftsgewissheit und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Genau an diesen Voraussetzungen arbeiteten die Mehrgenerationenhäuser mit ihrem Engagement vor Ort. Prof. Dr. Dr. Jörg Tremmel von der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen betonte in seinem Impulsvortrag, dass für die Generationengerechtigkeit wichtig sei, dass die (globalen) Bedürfnisse zukünftiger Generationen berücksichtigt würden und man vom Dialog zwischen Generationen zu einem gemeinsamen Handeln komme.
Alle Generationen im Blick
Am zweiten Veranstaltungstag wies Prof. Dr. Silke van Dyk von der Universität Jena auf den hohen Wert von bürgerschaftlichem Engagement „junger Alter“ hin. Dies könne die Sektoren Staat und Markt aber nicht aus der Pflicht nehmen. Zudem dürften sich die eklatanten Ungleichheiten innerhalb der älteren Generation durch die Verlagerung der Daseinsvorsorge in die Zivilgesellschaft nicht verschärfen. Prof. Dr. Wolfgang Schröer von der Universität Hildesheim sprach sich dafür aus, junge Menschen mehr in die gesellschaftliche Diskussion einzubeziehen und alltägliche Beteiligungsformate, Leistungen und Infrastrukturen offener und resilienter zu gestalten. Prof. Dr. Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung stellte heraus, dass in Krisenzeiten das Miteinander und der Austausch der Generationen oft innerhalb von Familien stattfänden. Dort setzen auch die Mehrgenerationenhäuser an: Wo sich Generationen begegnen, reden sie miteinander und lernen die Standpunkte der anderen kennen.
Miteinander reden
Zwischen den Vorträgen konnten die Teilnehmenden in Themenräumen miteinander diskutieren. Auch in zwei Gesprächsforen ging es um den Austausch: Unter dem Titel „Generationengerechte Kommune“ erörterte die Schülersprecherin Emma Krause aus Oelsnitz im Voigtland gemeinsam mit Prof. Dr. Ines Himmelsbach von der Katholischen Hochschule Freiburg, Kriemhild Kant, Bürgermeisterin der Gemeinde Balow, und Prof. Dr. Claudia Neu von der Georg-August-Universität Göttingen, was es vor Ort für eine generationengerechte Kommune braucht. Wichtig sei neben einer ausreichenden (finanziellen) Ausstattung, die unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedlicher Generationen konsequent im Blick zu haben.
Dagmar Hirche, Gründerin des Vereins „Wege aus der Einsamkeit“, CDU-Politikerin Diana Kinnert, Autorin Ananda Klaar und Prof. Dr. Johannes Pantel, Autor des Buches „Der kalte Krieg der Generationen“, diskutierten zu den Themen Generationensolidarität und Einsamkeit. Ziel sollte sein, Perspektivwechsel zuzulassen und gemeinsam an Lösungen gesellschaftlicher Herausforderungen zu arbeiten.
Einmal mehr zeigte sich beim Fachtag, wie herausfordernd und wie wichtig es ist, Generationen zu verbinden, miteinander ins Gespräch und ins gemeinsame Handeln zu bringen. Die Mehrgenerationenhäuser sind dabei wesentliche Akteure vor Ort.