Zusammenhalt und Vielfalt leben
Wie kann die Zivilgesellschaft dazu beitragen, aktuelle und zukünftige gesellschaftliche Aufgaben zu bewältigen? Diese Frage stand beim zweiten Fachtag im Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander im Fokus.
Klimawandel, Digitalisierung, Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine – die Herausforderungen unserer Zeit sind zahlreich. Schon im letzten Jahr war eine wichtige Erkenntnis des Fachtags, dass Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sie nur zusammen meistern können. Beim zweiten Fachtag im Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander unter dem Titel „Gleichwertige Lebensverhältnisse – Engagement für Zusammenhalt und Vielfalt“ haben mehr als 120 Teilnehmende – darunter Verantwortliche der Mehrgenerationenhäuser, kommunale Vertreterinnen und Vertreter sowie Expertinnen und Experten – die Rolle der Gesellschaft nun näher beleuchtet.
Zu Beginn eröffnete Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Veranstaltung. In ihrer Begrüßung betonte sie mit Blick auf die Rolle der Mehrgenerationenhäuser: „Mit Ihrer Arbeit stärken Sie den Zusammenhalt zwischen Generationen und Kulturen – und helfen mit, auch in strukturschwachen Regionen das Wohn- und Lebensumfeld attraktiver zu machen. Mit dem Fokus Ihres Fachtags auf Zusammenhalt und Vielfalt sprechen Sie mir aus dem Herzen: Ich persönlich halte den Blick auf das, was uns in Vielfalt verbindet, für eines der wichtigen Themen unserer Zeit.“
Gemeinsam Lösungen finden
Im Anschluss beschäftigten sich die Teilnehmenden in Themenräumen und Impulsvorträgen mit der Bedeutung von Zusammenhalt und Vielfalt sowie dem Einsatz aller für gleichwertige Lebensverhältnisse. In ihrem Impulsvortrag „Handeln lernen – wie Kinder und Erwachsene Gestalter der eigenen Gesellschaft werden“ stellte die Politikerin und Publizistin Marina Weisband unter anderem fest, dass es für ein gelingendes Zusammenleben wichtig sei, Menschen zu ermöglichen, Selbstwirksamkeit zu erfahren. Prof. Berthold Vogel vom Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) bezeichnete die Mehrgenerationenhäuser als Keimzellen einer vitalen Demokratie mit der Begründung, dass an solchen Begegnungsorten unterschiedliche Interessen und Bedarfe aufeinandertreffen und abgestimmt werden müssten.
Am zweiten Tag der Veranstaltung sprach der Publizist und Transformationsforscher Prof. Harald Welzer unter dem Titel „Think global, act local“ über Ideen zur Zukunft des Zusammenlebens. Gleichwertigkeit und Zusammenhalt könnten nur „von unten“, von der Akteurs- beziehungsweise Umsetzungsebene – also lokal – vorangetrieben werden, stellte er unter anderem fest. Prof. Claudia Neu von der Universität Göttingen und Stefan Sternberg, Landrat Ludwigslust-Parchim und Mitglied im Corona Expertenrat der Bundesregierung, diskutierten in einer Gesprächsrunde, was eine lebenswerte Kommune ausmacht. Ein Ergebnis: Es braucht Orte, an denen sich Menschen ernstgenommen und gehört fühlen, an denen ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden. Dann entsteht Interesse, das eigene Umfeld mitzugestalten. Schließlich sprachen Schriftstellerin und Kolumnistin Jagoda Marinić sowie der Inklusions-Aktivist Raul Krauthausen darüber, wie Pluralisierung ohne Polarisierung möglich ist. Sie betonten, dass vor allem Begegnung wichtig sei, um Vielfalt und Inklusion zu erleben. Für wertschätzende Begegnungen brauche es darüber hinaus gemeinsame Themen.
Zum Schluss waren sich die Teilnehmenden einig: Demokratie muss man lernen und Vielfalt erleben – und das geht am besten auf lokaler Ebene. Soziale Orte wie die Mehrgenerationenhäuser sind dafür der Schlüssel. Aufgrund der Corona-Pandemie fand der Fachtag in diesem Jahr erneut als Digitalkonferenz statt.