Ein Haus für alle im Kiez
Das Mehrgenerationenhaus Kiezanker 36 ist Anlaufpunkt für viele Menschen im Berliner Wrangelkiez. Eigeninitiative und ein starker Zusammenhalt zeichnen den Kiezanker 36 aus. Eine Geschichte über ein Haus, das alle mit offenen Armen empfängt.
„Offenheit“ – das kommt Koordinatorin Esther Borkam sofort in den Sinn, wenn sie an die Werte denkt, die den Kiezanker 36 prägen. Offenheit gegenüber den Menschen, die in das Haus kommen und gegenüber den Ideen, die sie mitbringen. Ganz egal, ob es um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene geht: Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe steht immer im Mittelpunkt. „Unser Team ist wirklich neugierig auf alles, was um uns herum in diesem besonderen Kiez passiert“, erklärt Borkam.
Im dicht besiedelten Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg leben Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen. Das macht ihn besonders und aufregend. Doch in den letzten Jahren hat sich das Zusammenleben vor Ort verändert. „Die Atmosphäre im Kiez kippt gerade“, stellt Borkam fest. „Die anhaltende Gentrifizierung und gestiegene Lebensmittelkosten führen zu einer immer größeren Schere zwischen Arm und Reich, die Anzahl obdachloser Menschen steigt und der Drogenkonsum wird zunehmend offen auf den Straßen praktiziert“, so die Koordinatorin.
Anlaufpunkt in herausfordernden Zeiten
In dieser herausfordernden Situation macht das Mehrgenerationenhaus seinem Namen alle Ehre und wird zum Anker für viele Menschen. Denn mit seinem vielfältigen und breitgefächerten Programm ist es ein Anlaufpunkt für Menschen aller Generationen und hilft ihnen in vielen Lebenslagen. Neben Angeboten für Kinder, wie Musik-, Kunst- oder Theatergruppen, bietet das Mehrgenerationenhaus auch eine Rechts- und Sozialberatung an. Bürgerinitiativen und anderen Gruppen gibt der Kiezanker zudem einen Ort, an dem sie zusammenkommen können. Auch die Vorbereitungen für die Demonstrationen gegen die steigenden Mieten fanden im Mehrgenerationenhaus statt. Denn gemeinsam Missstände anzuprangern, sieht der Kiezanker ebenfalls als seine Aufgabe an.
Kinder erobern einen Spielplatz zurück
Ein Beispiel dafür ist die Initiative „Kinder besetzen Spielplatz“: Im Sommer 2020 beschwerten sich viele Anwohnende über die Zustände der Spielplätze im Wrangelkiez: Sie waren vermüllt, voller Scherben und Spritzen. Kaputte Spielgeräte wurden von der Stadt nicht ersetzt, sondern rückgebaut. Daraufhin entschloss sich ein Team des Mehrgenerationenhauses mit den Kindern und den Fachkräften von drei Kinderläden, einen Spielplatz zu besetzen, der sich direkt beim Kiezanker befindet. Dabei räumten die Kinder mit den Erwachsenen den Spielplatz auf und äußerten medienwirksam ihren Anspruch auf öffentliche Spielgeräte. Koordinatorin Esther Borkam schrieb gemeinsam mit den Kindern sogar einen Protestsong. Das Bezirksamt reagierte mit Umbauarbeiten – der Sand wurde umfassend gereinigt und neue Spielgeräte installiert. Für Esther Borkam sind solche Aktionen ein Lichtblick, der den Kindern etwas Wichtiges beibringt: dass man etwas bewegen und erreichen kann, wenn man sich für eine Idee starkmacht.