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Wie Mehrgenerationenhäuser Angebote umsetzen: Neues aus den Häusern

Miteinander ins Gespräch kommen

Das Mehrgenerationenhaus Mobilé aus Aachen bringt unterschiedliche Meinungen in einem offenen Diskussionsformat zusammen.

Viele Menschen stehen an Stehtischen zusammen und unterhalten sich

Wie können wir es schaffen, als Gesellschaft miteinander in den Dialog zu kommen? Wie bringen wir gerade diejenigen gemeinsam an einen Tisch, die unterschiedlicher Ansicht sind? Diese Frage ist Ausgangspunkt der Aktion „Deutschland spricht“, zu der im vergangenen Jahr sechs Medienhäuser, darunter Zeitungen und Online-Nachrichten, unter der Leitung von ZEIT ONLINE aufriefen. Das Dialogformat bringt deutschlandweit jeweils zwei Menschen zusammen, die über gesellschaftspolitische Streitfragen völlig anders denken. Die Idee dieses Austauschs griff auch ein Mehrgenerationenhaus auf. Mit dem Politik-Format „Brand spricht“ hat das Mehrgenerationenhaus Mobilé in Aachen-Brand im letzten Herbst einen lokalen Ableger ins Leben gerufen.

Als der Engagierte und spätere Projektleiter Gereon Hermens Anfang 2019 in der Wochenzeitung DIE ZEIT von „Deutschland spricht“ erfuhr, war er direkt von der Aktion begeistert: „Ich dachte mir sofort: Warum greifen wir diese Idee nicht für unsere Nachbarschaft auf?“, so der 48-Jährige. Nun fehlte lediglich ein Ort des Austauschs. Auf offene Ohren stieß der Wasserbauingenieur bei Karl Simons, dem Koordinator des Mehrgenerationenhauses. Karl Simons und sein Team waren damals auf der Suche nach neuen Projekten im Bereich Demokratieförderung und bürgerschaftliches Engagement. „Wir haben uns überlegt, dass wir Farbe gegen rechtsnationale Stimmen bekennen wollen. Wir wollten einen Beitrag zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts leisten“, sagt Karl Simons.
 

Diskussionsthemen, die den Stadtteil bewegen

Erstmals vorgestellt wurde das Dialogformat dann Anfang September 2019 beim Tag der Vereine in Aachen-Brand. Die Möglichkeit, mit zahlreichen Menschen aus der Nachbarschaft in Kontakt zu kommen, nutzte das Team rund um die beiden Initiatoren, um eine Themensammlung zu erstellen: „Wir haben die Besucherinnen und Besucher angesprochen und gefragt, was ihnen momentan unter den Nägeln brennt“, so der Projektverantwortliche Gereon Hermens. Zwei Wochen später ging es mit der ersten Ausgabe los. Ungefähr 30 Gäste fanden sich zum Gespräch im Mehrgenerationenhaus zusammen. Die Diskussionsthemen konnten frei gewählt werden. Ende Oktober ging es um den Klimawandel, einen Monat später stand das Thema Mobilität auf der Tagesordnung. Mit dem ZEIT ONLINE-Journalisten Bastian Berbner besuchte im Januar 2020 außerdem einer der Initiatoren von „Deutschland spricht“ den lokalen Ableger in Aachen-Brand und gab mehr als 200 interessierten Gästen einen tieferen Einblick in das Projekt.
 

Begegnung schafft Nähe

Doch warum ist es wichtig, insbesondere mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die ganz anders denken als man selbst? „Ich bin der Auffassung, dass sich gesellschaftliche Gräben nur durch Dialog überbrücken lassen“, sagt Gereon Hermens. Karl Simons ergänzt: „Begegnung schafft Nähe und auch eine andere Form der Auseinandersetzung.“ Vorurteile und festgefahrene Einstellungen verschwinden schnell, sobald Menschen miteinander ins Gespräch kommen.

Eine Herausforderung bleibt jedoch für die beiden Männer: Vor allem die Ränder des Meinungsspektrums lassen sich selbst mit dem ausdrücklich offenen „Brand spricht“ nur bedingt erreichen. Letztendlich könne das Mehrgenerationenhaus nur das Angebot zum Dialog schaffen, sich der Diskussion zu stellen, müsse von jedem Einzelnen selbst ausgehen. Unterschiedliche Perspektiven existieren jedoch nicht nur im politischen Meinungsspektrum: „Hier kommen regelmäßig Menschen zusammen, die sich so im Alltag nicht begegnen würden: Schuldirektorin und Elternteil, Fahrrad- und Autofahrerin.“ Aufgeben zählt für die beiden also nicht, auch nicht in Zeiten des Social-Distancing. Als Reaktion auf die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie riefen sie Anfang April „Brand spricht online“ ins Leben und verlegten den Dialog ganz einfach in den digitalen Raum. Die Diskussion geht also weiter.