Wertvolle Transferarbeit in den Mehrgenerationenhäusern Roßhaupten und Berlin-Reinickendorf
Die sogenannten Transferhäuser im Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser II haben es sich mit Unterstützung der wissenschaftlichen Begleitung zur Aufgabe gemacht, den Mehrgenerationenhausansatz ganz gezielt auf andere Einrichtungen in ihrer Region zu übertragen.

Dabei geben die Häuser eigenes Wissen und Erfahrungen, insbesondere im Hinblick auf die generationenübergreifende Arbeit, an ihre Kooperationspartner sowie andere lokale und kommunale Einrichtungen weiter. In diesem Kontext bieten beispielsweise die Transferhäuser Roßhaupten und Berlin-Reinickendorf vielseitige Beratungs- und Unterstützungsleistungen an.
Alle Mehrgenerationenhäuser im gleichnamigen Aktionsprogramm des Bundes gestalten mit Ihren vielfältigen Angeboten und Aktivitäten die (regionalen) Folgen des demografischen Wandels aktiv mit. Der Ansatz der generationenübergreifenden Arbeit ist dabei von großer Bedeutung und gleichzeitig auch das Alleinstellungsmerkmal der Häuser. Einige andere (soziale) Einrichtungen in den Kommunen verfolgen ähnliche Ansätze wie die Mehrgenerationenhäuser oder planen dies für die Zukunft. Die Mehrgenerationenhäuser, als Vorreiter in diesem Bereich, können umfangreiches Wissen und wertvolle Erfahrungen weitergeben. Im Rahmen solcher Transfers werden Austauschmöglichkeiten geschaffen, die Netzwerkarbeit gefördert und weitere Einrichtungen von einer generationenübergreifenden Ausrichtung überzeugt. „Die Transferleistungen der Mehrgenerationenhäuser bewirken insgesamt, dass ein funktionierendes soziales Netzwerk von Jung und Alt auf- und ausgebaut wird", sagt Anette Schweiger, Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus Roßhaupten.
Transferhäuser unterstützen und beraten
Die grundlegenden Aufgaben der Transferhäuser im Aktionsprogramm sind die Weitergabe von Wissen und praktischen Erfahrungen. Hierbei helfen sowohl ein hoher Bekanntheitsgrad als auch eine gute Vernetzung der Häuser. „Seitdem sich unser Haus im Ort etabliert hat und wir auch von der Gemeinde vermehrt Anerkennung erhalten, erreichen uns zunehmend Anfragen von verschiedenen Einrichtungen oder Einzelpersonen zu unserer Arbeit und unserem Konzept", sagt Anette Schweiger. Meist kommt es in der Folge zu einem persönlichen Kennenlernen und einer Vorstellung des generationenübergreifenden Ansatzes im Mehrgenerationenhaus. Dabei werden gemeinsam realistische Zielstellungen und die Schritte zur Umsetzung der angedachten Ideen erarbeitet. „In den Beratungsgesprächen ist es wichtig zu erklären, dass ein gelungenes Projekt nicht nur vom Aufgreifen der generationenübergreifenden Idee abhängt, sondern auch von einem hohen eigenen Engagement sowie der Herstellung einer bedarfsorientierten Vielfalt. Verschiedene Angebote erhöhen die Möglichkeiten, alle Altersgruppen zu erreichen und so einen Ort der Begegnung zu schaffen", ergänzt Richard Palm, Koordinator des Mehrgenerationenhauses Berlin-Reinickendorf. Die Aufgabe der Transferhäuser ist es außerdem, Kontakte zu Akteuren herzustellen, die bei der Umsetzung der geplanten Projekte weiterhelfen oder mitarbeiten können. „Zunächst muss abgewogen werden, ob die Projekte überhaupt allein gestemmt werden können oder ein Kooperationspartner notwendig ist. Da wir über ein sehr großes Partnernetzwerk verfügen, finden sich für alle Anliegen meist schnell die richtigen Ansprechpartner", erklärt Richard Palm.
Neue Kooperationen und Austauschmöglichkeiten entstehen
Einige Projekte werden während ihrer Entstehung kontinuierlich vom Transferhaus beraten und unterstützt. So begleitet beispielsweise das Mehrgenerationenhaus Roßhaupten seit mehreren Jahren ein größeres Transferprojekt in der benachbarten Gemeinde Rieden. Nach dem Vorbild des Hauses in Roßhaupten ist dort ein Tagestreff für Menschen jeden Alters entstanden. In Rieden wurde damit das erste soziale Projekt dieser Art mithilfe der Unterstützung und der Beratungsleistungen aus Roßhaupten auf die Beine gestellt. Aufgrund des hohen Engagements und der tatkräftigen Unterstützung vieler Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Rieden ist der Tagestreff nun seit etwa einem Jahr geöffnet und wird gut angenommen. Der Kontakt zum Mehrgenerationenhaus Roßhaupten besteht weiterhin und ist für beide Seiten wichtig. „Für uns ist es sehr interessant zu sehen, was in Rieden umgesetzt und wie dort gearbeitet wird. Wir freuen uns, dass sich die Einrichtung stetig weiterentwickelt und wir uns bezüglich verschiedener Arbeitsprozesse austauschen können. Mit dem Transfer geht immer auch ein Rücktransfer einher", freut sich Anette Schweiger. Die Zusammenarbeit der beiden Einrichtungen ist mittlerweile soweit fortgeschritten, dass beispielsweise eine Ferienbetreuung für Kinder abwechselnd in beiden Häusern angeboten wird. Somit können „Schließzeiten" der Einrichtungen ermöglicht, aber dennoch weitgehend durchgängige Betreuungsangebote in der Region gesichert werden.
Mit der Transferarbeit der Mehrgenerationenhäuser gehen häufig neue Kooperationen einher, die für beide Partner Vorteile mit sich bringen. So können gemeinschaftlich Konzepte für neue Angebote und Weiterentwicklungen der bestehenden Angebotsvielfalt erarbeitet sowie Aktivitäten gemeinsam umgesetzt werden. Die Vorreiterrolle der Mehrgenerationenhäuser in ihren Standortkommunen wird gestärkt und weitet sich auch auf die Umgebung aus.
Transferleistungen über Orts- und Landesgrenzen hinaus
Der Transferansatz der Häuser beschränkt sich nicht nur auf den eigenen Standort, sondern geht auch über die Grenzen der Kommune, des Landkreises und teilweise sogar des Landes hinaus. So waren beispielsweise einige Vertreterinnen und Vertreter der Tiroler Regionalentwicklung zu Besuch im Mehrgenerationenhaus Roßhaupten, um sich dort ein Bild von der generationenübergreifenden Arbeit zu machen. Nach einem Rundgang durch das Haus wurden die Tätigkeitsfelder und Schwerpunkte der Mehrgenerationenhäuser präsentiert sowie anschließend Fragen in einer Diskussionsrunde beantwortet. „Die Kolleginnen und Kollegen aus Österreich haben dabei viele Ideen für eigene Projekte mit nach Hause genommen. Ich bin gespannt, was sie davon umsetzen und würde mir gern bald selbst davon ein Bild vor Ort machen", erzählt Anette Schweiger.
Auch das Mehrgenerationenhaus Reinickendorf hat schon häufiger Anfragen von ausländischen Delegationen beispielsweise aus Großbritannien oder den Niederlanden erhalten, die sich für den generationenübergreifenden Ansatz und dessen Umsetzung in den Mehrgenerationenhäusern interessieren. Da es im Vergleich meist große Unterschiede in den sozialen Systemen gibt, ist eine einfache Adaption des in Deutschland gelebten Ansatzes nicht oder nur schwer möglich. „Für uns ist es bei Anfragen und Treffen dieser Art immer sehr interessant zu sehen, wie die Umsetzung im Ausland funktionieren kann. Da in anderen Sozialsystemen immer auch andere Themen zentral sind, nehmen wir aus den Gesprächen sehr häufig Anregungen für unsere eigene Arbeit mit", sagt Richard Palm.
Aktuelles Thema: Wohnprojekte
Aktuell unterstützen einige Transferhäuser wie auch die Häuser in Roßhaupten und Berlin-Reinickendorf zusätzlich auch die Etablierung von Wohnprojekten mit ihrer Erfahrung im Bereich des generationenübergreifenden Arbeitens. Im Mehrgenerationenhaus Reinickendorf wird dazu beispielsweise ein regelmäßiger Stammtisch zum Fokusthema „Wohnen" veranstaltet, bei dem sich die an Wohnprojekten Interessierten kennenlernen, Ideen und Vorstellungen untereinander austauschen sowie Mitstreiterinnen und Mitstreiter für ihre geplanten Projekte gewinnen können. Zudem hat der Träger des Mehrgenerationenhauses erst kürzlich zwei große Wohnanlagen im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen gekauft, in denen ein generationenübergreifendes Wohnprojekt etabliert werden soll. Dabei wird die Idee verfolgt, Wohnraum für sozial Benachteiligte zu schaffen und gleichzeitig soziale Projekte im Haus anzusiedeln. Im Mittelpunkt der Anlage soll ein Treffpunkt ähnlich dem Offenen Treff in den Mehrgenerationenhäusern entstehen. „Wir begleiten und unterstützen die Projektverantwortlichen in ihrer Planung. In diesem Projekt begrüßen wir den Ansatz, dass sozial benachteiligten Menschen die Chance gegeben wird, in einer Anlage zu wohnen, in der sie sich beteiligen und beispielsweise durch Jobcoaching-Angebote einen Wiedereinstieg in den Beruf schaffen können", sagt Richard Palm.
Auch in Roßhaupten ist ein ähnliches Vorhaben derzeit in Planung: Ein zentral gelegener Bauernhof soll dort in ein Wohnprojekt für Menschen jeden Alters umgebaut werden. Zudem wird das Mehrgenerationenhaus mit seinen vielseitigen Aktivitäten voraussichtlich künftig auf dem Gelände untergebracht. Dies zeigt exemplarisch, dass die Transferhäuser wichtige Partner der Kommunen sind und regelmäßig in die Sozialraumplanung vor Ort mit einbezogen werden. Auf diese Weise gestalten die Transferhäuser aktiv den Sozialraum und tragen dazu bei, den generationenübergreifenden Ansatz des Aktionsprogramms auch auf andere Bereiche zu übertragen.