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"Die Leute müssen rauskommen"

Foto von Claudia Wußow und Mohammed Alqaeery

Claudia Wußow, Leiterin eines Übergangsheims im Landkreis Dahme-Spree, plädiert für mehr Realitätssinn in der Flüchtlingsarbeit. Freizeitangebote sollten sich nicht nur an Flüchtlinge richten, sondern auch die Bevölkerung vor Ort miteinbeziehen. Für Mohamad Alqaeery, der im zweiten Text zu Wort kommt, sind genau diese Zusammenkünfte wichtig, um etwas über den Alltag und die Kultur in Deutschland zu erfahren.

Frau Wußow, seit Mai 2014 leben hier in Pätz die ersten Flüchtlinge. Wie gelingt es, den Kontakt mit der Bevölkerung herzustellen?

Es geht darum, Angebote zu schaffen, die gemeinsam wahrgenommen werden. Das klappt natürlich bei Sprachkursen nicht so gut. Aber die Idee ist doch, nicht den Sportkurs für Leute mit Migrationshintergrund anzubieten, sondern beispielsweise den Sport für die Gemeinde. Angebote nicht nur an eine Gruppe zu richten ist nicht banal, sondern eine echte Herausforderung. Da gibt es Berührungsängste, mit denen ich umgehen muss und die es abzubauen gilt.

Sehen Sie hier einen Anknüpfungspunkt für die Mehrgenerationenhäuser? Oder anders gefragt: Wie kann ein Mehrgenerationenhaus Ihre Arbeit für die Flüchtlinge im Übergangsheim am besten unterstützen?

Toll ist doch, wenn zum Spieleabend mit den Flüchtlingen auch Müller, Meyer und Krause kommen. Und all diese Leute zusammenzubringen, kann den Mehrgenerationenhäusern durch ihren niedrigschwelligen Ansatz und ihre Offenheit gelingen. Letztendlich bleibt es aber immer die Entscheidung der Menschen, ob sie ein Angebot wahrnehmen oder nicht. Außerdem können die Mehrgenerationenhäuser koordinierende Funktionen übernehmen. Angebote abstimmen, Flyer in fünf Sprachen übersetzen und unter die Leute bringen, das können wir personell nicht leisten.

Was wünschen Sie sich für die Bewohnerinnen und Bewohner, die in Ihrem Haus leben?

Ich bin immer ein Fan davon, wenn die Leute rauskommen. Die Menschen müssen sich im Ort zeigen. Keiner hat etwas davon, wenn die Flüchtlinge 24 Stunden auf dem Gelände sind und sich dort einigeln. Viele der Flüchtlinge, die bei uns sind, wollten unbedingt nach Deutschland kommen. Bei der Fußballweltmeisterschaft sind Menschen aus Syrien, Iran, Kamerun und Kenia von den Sitzen gesprungen und haben mit uns gefeiert – auch weil sie große Hoffnung in unser Land setzen.

„Jedes Programm ist hilfreich für uns"

Mohamad Alqaeery ist einer von 154 Menschen, die in Pätz ihr Quartier bezogen haben. Der syrische Flugzeugingenieur kam als Flüchtling über Jordanien nach Deutschland. Hier erzählt er vom Ankommen in Deutschland.

„Es war schon immer mein Traum, nach Deutschland zu kommen. In Syrien habe ich als Ingenieur in einem großen Flughafen gearbeitet. Über Jordanien bin ich dann vor etwa sechs Monaten nach Deutschland gekommen. Vielen jungen Leuten, die hierher kommen, fehlt es an Lebenserfahrung im deutschen Alltag. Besonders für sie ist es wichtig, im Austausch mit den Menschen vor Ort zu sein, um zu lernen, wie man hier sein Leben organisiert.

Ich glaube, da ist jede Art von Angebot und Programm hilfreich für uns. Es motiviert mich, auf die Gesellschaft zuzugehen, wenn ich sehe, dass ich den Deutschen nicht egal bin. Schließlich will ich mir hier ein Leben und eine Familie aufbauen. Wir können hier nicht ohne die Hilfe der lokalen Bevölkerung leben.

Die Begegnungen mit Einheimischen passieren häufig eher zufällig. Man kommt etwa beim Einkaufen oder Zugfahren ins Gespräch. Manchmal spricht man dann über die Dinge, die für ein Leben hier wichtig sind: Wie kann ich einen Job finden? Wo gibt es Wohnungen? In diesen Gesprächen lernt man nicht bloß die Sprache, sondern auch viel über den Alltag und die Kultur in Deutschland. Um gut Deutsch zu sprechen, ist das sehr wichtig, denke ich."

Aufgezeichnet und übersetzt aus dem Englischen