Die niedersächsische Stadt Bad Harzburg hat besondere demografische Herausforderungen zu meistern: Einerseits leben viele Pendlerinnen und Pendler in der Stadt. Anderseits handelt es sich um eine Kommune, die schon von jeher als Altersruhesitz gewählt wurde. Die besondere demographische Situation vor Ort fordert besondere Angebote. Das Mehrgenerationenhaus Bad Harzburg begegnet dem mit niedrigschwelligen Angeboten und innovativen Ideen.
In eine fremde Stadt ziehen, neue Kontakte knüpfen, vor Ort Fuß fassen – das ist oft nicht so einfach. Das Mehrgenerationenhaus in Bad Harzburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, neuzugezogene und alteingesessene Bürgerinnen und Bürger miteinander in Kontakt zu bringen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Kommune zu stärken: „Wenn Neubürgerinnen und Neubürger zu uns nach Bad Harzburg kommen, meist Familien oder Seniorinnen und Senioren aus der näheren Umgebung, liegt das größte Anliegen darin, neue Kontakte zu knüpfen“, erzählt uns die Koordinatorin des Hauses, Jasmin Sterzl.
Das am Nordrand des Harzes zwischen Goslar und Wernigerode liegende Bad Harzburg bietet aber nicht nur ein Zuhause für Neuankömmlinge, sondern beschäftigt sich schon seit langem mit der besonderen demographischen Situation vor Ort. Edda Schaper, Mitarbeiterin des Referats für Wirtschaftsförderung der Stadt Harzburg, erzählt: „34 Prozent unserer Bevölkerung sind über 65 Jahre alt. Außerdem gibt es bei uns in der Kommune viele Pendlerfamilien. Diese besondere Situation fordert dementsprechende Angebote, damit diese unterschiedlichen Gruppen miteinander in Kontakt kommen.“
Das Mehrgenerationenhaus bringt zusammen
„Unserem Haus ist die Erschließung des Sozialraumes besonders wichtig“, so die Koordinatorin Jasmin Sterzl. „Für Familien, in denen sich die Kinder nicht in Einrichtungen wie Kitas oder ähnlichem befinden, gibt es in unserem Haus beispielsweise das Projekt ‚Kinder Willkommen – KiWi international‘. Hier wird ein altersentsprechendes Angebot für Kinder zwischen null und drei Jahren und ihren Müttern oder Vätern organisiert.“ Das niedrigschwellige Angebot hilft den Familien, sich ein Netzwerk in der Stadt aufzubauen – gerade für Pendlerfamilien ein wichtiger Anknüpfungspunkt.
Auch mit generationsverbindenden Angeboten stärkt das Mehrgenerationenhaus den Zusammenhalt: „Wir bieten außerdem seit drei Jahren zusammen mit der Evangelischen Seniorenbildung einen Smartphone-Kurs an. Hier erklären Schülerinnen und Schüler des örtlichen Gymnasiums älteren Menschen in einer Eins-Zu-Eins-Betreuung die Bedienung ihres selbst mitgebrachten Smartphones.“ Die Koordinatorin erzählt weiter: „Einige Teilnehmende haben ihre Nummern ausgetauscht und konnten dadurch weiterhin Fragen an ihre Schülerin oder ihren Schüler stellen. Das erfolgreiche Projekt hat sich natürlich schnell rumgesprochen, sodass weitere Kurse und Formate in Planung sind.“
Als ein feststehender Termin im Haus lädt das Mehrgenerationenhaus außerdem immer dienstags zu einem gemeinsamen Frühstücks- und Gruppentreff ein. Jasmin Sterzl ist glücklich über die Freundschaften, die bei den Treffen schon entstanden sind: „Den Treff besuchen vor allem alleinstehende, häufig auch neuzugezogene Seniorinnen und Senioren. Hier entstehen großartige Freundschaften, die auch über das Mehrgenerationenhaus hinaus gehen und wo gegenseitige Unterstützung stattfindet. Zurzeit wird überlegt, dieses erfolgreiche Projekt den aktuellen Bedingungen anzupassen.“
Die Kommune hilft
Die Stadt Bad Harzburg kennt die Situation vor Ort und wirbt aktiv um Neubürgerinnen und Neubürger: „Wir sagen immer, wir erleben den demografischen Wandel schon seit 40 Jahren, deshalb hat uns das, was in den letzten Jahren auf andere Kommunen zukam, nicht überrascht. Beispielsweise organisieren wir seit langem Kennenlernfahrten nach Bad Harzburg, weisen neue Baugebiete aus oder sind auf Auswanderer- und Ausbildungsmessen vertreten, um für Neuankömmlinge zu werben“, erzählt Edda Schaper.
Die Stadt ist froh, dass sie das Mehrgenerationenhaus an ihrer Seite hat und dort mit gezielten Angeboten reagiert wird: „Wir sind immer sehr dankbar, wenn Projekte gut laufen, ohne dass wir viel machen müssen. Wenn es gewünscht ist, versorgen wir das Mehrgenerationenhaus mit Zahlen, Daten und Fakten und nehmen deren Angebote mit in unsere Broschüren auf. Die Kolleginnen und Kollegen wissen sehr genau, was gebraucht wird und welche Angebote sinnvoll für die Stadt sind“, so Schaper weiter.
Und wie schnell und innovativ das Haus reagieren kann, wird gerade zur Zeit der Corona-Pandemie deutlich: Innerhalb kürzester Zeit wurden in Kooperation mit der Luthergemeinde Bad Harzburg und anderen Projekten im Haus sowie vielen Vereinen und Institutionen der Stadt Nachbarschaftshilfen ins Leben gerufen, Mund-Nase-Masken genäht sowie zahlreiche Aktionen organisiert. Jasmin Sterzl fühlt sich bestärkt: „In den letzten Monaten haben so viele Helferinnen und Helfer im Rahmen ihrer Möglichkeiten Zeit und Mühen geschenkt. Gerade in dieser Krisenzeit sieht man deutlich, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt da ist.“