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Mehrgenerationenhäuser – engagiert für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Haltung für Zusammenhalt

Tipps für den Umgang mit Konfliktsituationen von einer Expertin für Demokratieförderung

Maren Düsberg ist Geschäftsführerin der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e. V. (RAA - Sachsen e. V.). Die RAA Sachsen betreibt ein Mehrgenerationenhaus im ländlichen Raum in Ostsachsen und steht für Demokratieförderung und die Unterstützung Betroffener von Diskriminierung und rechter Gewalt.

Situationen, in denen der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel steht, sind vielfältig: Einzelne werden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angegriffen. Rassistische Ansichten werden unhinterfragt geäußert, rechtsextreme Angriffe und Bedrohungen treffen diejenigen, die als Feindbild auserkoren wurden, oder diejenigen, die sich für Vielfalt einsetzen. Wie geht man damit um? Wir haben mit Maren Düsberg darüber gesprochen, wie man auch in solchen Konfliktsituationen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einstehen kann.
 

Positives sichtbar machen

Eine wichtige Maßnahme zur Stärkung des Zusammenhalts ist das Kennenlernen. „Auch wenn man generelle Vorurteile bei den Menschen vielleicht nicht komplett ausräumen kann, so ist jeder einzelne Mensch, den sie kennenlernen, eine Ausnahme vom Vorurteil und öffnet für den anderen“, sagt Maren Düsberg. Wenn man es also schafft, die unterschiedlichen Gruppen miteinander ins Gespräch zu bringen, so liegt darin schon ein großer Schritt.

Wenn sich im Ort die Stimmung gegen eine Gruppe wendet, können auch gezielte Aktionen helfen. Maren Düsberg erzählt von einer Jugendgruppe, die sich regelmäßig im Mehrgenerationenhaus getroffen hat und von einer Gruppe rechter Jugendlicher ebenso regelmäßig bedroht wurde. Ein Vorwurf der Rechten lautete, dass die Jugendgruppe Müll im Ort hinterlasse. Die Gruppe hat als Reaktion darauf gemeinsam mit dem Bürgermeister eine Aufräumaktion gestartet, zu der alle eingeladen waren. „Die rechten Jugendlichen haben sich daran nur wenig beteiligt und jeder konnte erleben, wer sich wirklich für die Ordnung in der Stadt einsetzt“, erzählt Düsberg.
 

Regeln aufstellen und nutzen

Mit langfristigen Maßnahmen kann man die Situation vor Ort nachhaltig verbessern. Aber es gibt eben auch Situationen, in denen eine schnelle Reaktion nötig ist: wenn z. B. im Offenen Treff radikale Ansichten offen vertreten werden, Menschen diskriminiert oder gar bedroht werden. Für die Aktiven in den Mehrgenerationenhäusern stellt sich dann immer wieder die Frage, wie sie reagieren können.

„Dafür gibt es eine Hausordnung“, sagt Maren Düsberg. „Dass man nicht im Haus rauchen darf, steht in jeder Hausordnung. Es wird aber noch oft vergessen, hier diskriminierende oder beleidigende Äußerungen als Grund für einen Verweis aus dem Haus aufzunehmen“, ergänzt sie.

In ihrem Mehrgenerationenhaus hängt die Hausordnung gut sichtbar am Schwarzen Brett im Eingangsbereich. Haupt- und ehrenamtlich Engagierte werden zur Hausordnung geschult und haben so die Sicherheit, in einer konkreten Krisensituation souverän handeln zu können, ohne sich persönlich angreifbar zu machen.
 

Früh anfangen, nachhaltig wirken

Wichtig ist aber auch die Prävention: Angebote für Kinder und Jugendliche, bei denen sie Vielfalt in verschiedensten Bereichen kennenlernen, sind ein wichtiger Baustein. Maren Düsberg nennt auch hier ein Beispiel: „In Bernsdorf bieten wir ein Projekt für Schülerinnen und Schüler der siebten Klassen an, das sexuelle Identität und Orientierung zum Thema macht. Diese Aspekte werden im schulischen Sexualkundeunterricht kaum oder gar nicht angesprochen. Der Projektunterricht außerhalb der Schule öffnet noch mal einen neuen Raum für das Gespräch miteinander und Verständnis füreinander.“ Der Anlass für das Projekt waren Erfahrungen von Betroffenen mit LSBTIQ-Feindlichkeit (LSBTIQ steht für lesbische, schwule, bi-, trans-, intersexuelle und queere Menschen).
 

Zusammen Haltung zeigen für eine tolerante Gesellschaft

„Stimmungslagen vor Ort hängen oft mit Menschen zusammen, die meinungsbildend und anerkannt sind“, weiß Maren Düsberg. Sie sieht darin vor allem das Potenzial, die Stimmung vor Ort positiv zu beeinflussen, und empfiehlt, sich vor Ort mit den unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteuren zusammenzutun und eine gemeinsame Haltung für eine offene und tolerante Gesellschaft zu formulieren. „Wenn man sich dazu auch beispielsweise mit der freiwilligen Feuerwehr und dem Fußballverein in Verbindung setzt, hat man schon einen großen Teil der Bevölkerung erreicht“, sagt sie. Solche gemeinsamen Haltungen können zu bestimmten Anlässen formuliert und über die Presse bekannt gemacht werden. Als Beispiel nennt Düsberg den Protest gegen eine Hakenkreuzschmiererei an der Hauptverkehrsstraße. „Innerhalb weniger Stunden unterzeichneten die Stadt, Schulen, Wirtschaftsunternehmen und die Freiwillige Feuerwehr eine Stellungnahme des Mehrgenerationenhauses mit einer klaren Positionierung gegen menschenfeindliches Verhalten, die in der Presse veröffentlicht wurde“, berichtet sie.

„Zusammen Haltung für ein Miteinander zu zeigen, ist also auf jeden Fall gut für den Zusammenhalt“, so Maren Düsberg zum Abschluss des Gesprächs.

Maren Düsberg hat an den Qualitätskriterien der Mehrgenerationenhäuser für ihre Arbeit mitgearbeitet. Die klare demokratische Haltung und das Nein zu Diskriminierung und Intoleranz gehören zu den Kriterien für die Arbeit der Mehrgenerationenhäuser.