Für viele Menschen ist der bloße Ruhestand keine erfüllende Perspektive. Sie wollen auch im Alter aktiv, kreativ und innovativ sein und die gewonnene Zeit für sich und für andere nutzen. Seit 2012 betreut das Mehrgenerationenhaus Torgelow Menschen in Rente, die in einem Programm des Seniorenrings Mecklenburg-Vorpommern zu seniorTrainerinnen und -Trainern ausgebildet werden. Das Programm soll sie befähigen, ihre im Berufsleben erworbenen Fähigkeiten so zu erweitern, dass sie für ein Engagement als seniorTrainerin oder -Trainer gut aufgestellt sind, das heißt anschließend ihre Kompetenzen in vielen Projekten einbringen und Impulse für bürgerschaftliches Engagement geben können.
Über die seniorTrainerin-Agentur, eine Anlaufstelle für die Teilnehmenden, ist die Ausbildung im Mehrgenerationenhaus verankert. Brigitte Seifert, ehemalige Koordinatorin des Hauses und inzwischen in Rente, leitet die Agentur. Die Weiterbildung sei ebenso vielfältig wie die Motivation der Teilnehmenden: „Manche Teilnehmende haben zu Beginn schon ein Projekt, andere bringen eine Idee oder einfach Interesse für ein Ehrenamt mit“, sagt sie.
Im Kurs erhalten die Teilnehmenden neben fachlichem Input auch Feedback zu ihren Ideen oder Anregungen für ein ehrenamtliches Engagement. Den Abschluss des drei Module umfassenden Grundkurses bescheinigt ein Zertifikat. Auch zwei Fachtagungen, regelmäßige Treffen im Mehrgenerationenhaus und die jährliche Dankeschön-Veranstaltung gehören dazu. „Wir merken, dass viele Seniorinnen und Senioren dadurch gestärkt in ihr Engagement gehen“, berichtet Seifert. Auch der Aspekt der Vernetzung sei wichtig: „Wenn die Teilnehmenden sich bei einer Fachtagung treffen, ist es, als wenn sich alte Schulkameradinnen und -kameraden begegnen würden.“
Mit großer Angebotspalette im Landkreis aktiv
Nach Durchlaufen der Weiterbildung vermittelt die seniorTrainerin-Agentur die Seniorinnen und Senioren beispielsweise an Vereine, bei denen sie neue Projekte und Gruppen anstoßen oder bestehende Initiativen unterstützen. Doch auch eigene Projekte setzen die seniorTrainerinnen und -Trainer mit Kompetenz und Herzblut um. So haben zwei Frauen ein Lesestübchen im Ort eingerichtet. Ein Mann berät im Auftrag des Mehrgenerationenhauses ältere Menschen bei Problemen mit Smartphone und Co. Einige seniorTrainerinnen und -Trainer bieten Sportangebote für Kinder, haben eine Vorlese-Patenschaft oder organisieren Kurse für pflegende Angehörige. „Die Bandbreite ist riesig“, sagt Brigitte Seifert.
Doch wie gewinnt man konkret die Menschen für eine solche Weiterbildung? Brigitte Seifert und ihr Team gehen in den über 50 Ortsgruppen oder im Mehrgenerationenhaus proaktiv auf die Zielgruppe zu und sprechen die Menschen persönlich an. Von denjenigen, die gerade frisch in Rente sind, bekommt sie manchmal die Rückmeldung, dass sie sich nicht direkt an ein Ehrenamt binden wollen. „Am Anfang sagen sie, dass sie erst einmal ihre Schränke aufräumen oder eine Reise machen wollen. Doch dann merken sie, dass ihnen das auf Dauer nicht reicht und kommen auf uns zurück“, erzählt Seifert. Für das Mehrgenerationenhaus und die Engagierten ergibt sich so eine Win-win-Situation, die auf der einen Seite die Angebotspalette des Hauses bereichert. Auf der anderen Seite hilft das Mehrgenerationenhaus den engagierten Seniorinnen und Senioren: „Wenn sie Beratung brauchen, wissen sie immer, dass sie zu uns kommen können.“
Über das Modellprogramm
Das Bundesmodellprogramm „Erfahrungswissen für Initiativen“ (EFI), in dessen Rahmen ältere Menschen zu seniorTrainerinnen und -Trainern ausgebildet wurden, gab es von 2002 bis 2006. Seit 2007 führen einige Bundesländer es fort und entwickeln es weiter. In Mecklenburg-Vorpommern absolvierten bislang über 800 seniorTrainerinnen und -Trainer die Ausbildung.